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Gericht: Landesarbeitsgericht Bremen
Beschluss verkündet am 05.07.2002
Aktenzeichen: 3 Ta 19/02
Rechtsgebiete: ZPO, GVG
Vorschriften:
ZPO § 261 | |
GVG § 17 |
Ein Parteiwechsel berührt eine einmal begründete Zuständigkeit nicht, solange keine Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass von einer Rechtswegerschleichung auszugehen ist.
Landesarbeitsgericht Bremen BESCHLUSS
Aktenzeichen: 3 Ta 19/02
In dem Beschwerdeverfahren
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen vom 28. Februar 2002 aufgehoben.
Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist gegeben.
Gründe:
I.
Die Klägerin war bis zum 31.12.1998 bei der S. B. Allgemeine Versicherungs-AG beschäftigt.
Bei ihrer ehemaligen Arbeitgeberin besteht eine Betriebsvereinbarung "Betriebliche Altersversorgung".
In Ziffer 2 dieser Betriebsvereinbarung heißt es:
"Versorgungsvereinbarung
Auf Antrag des Versorgungsberechtigten (Ziff. 1) schließt das Unternehmen jeweils zum 01.07. nach den unter Ziff. 3 aufgeführten Bestimmungen zur Versorgungszusage eine Kapitalversicherung auf den Todes- und Erlebensfall einschließlich einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zu den jeweils gültigen Allgemeinen und Besonderen Versicherungsbedingungen bei der S. -G. Lebensversicherung-AG, Bremen, ab.
Wird durch ein anomales Risiko ein Risikozuschlag erforderlich, so hat dies nur Auswirkung auf die Versicherungssumme, der Beitrag bleibt unverändert. Für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung kann neben einem Risikozuschlag auch ein Leistungsausschluss erforderlich sein. Ebenso ist der Ausschluss der BUZ möglich. Bei Ausschluss der BUZ erhöht sich die Versicherungssumme, der Beitrag bleibt unverändert. Risikozuschlag, Leistungsausschluss und Ausschluss der BUZ sind mit dem Mitarbeiter schriftlich zu vereinbaren. Sofern der Mitarbeiter in der Kapitalversicherung mit BUZ aus versicherungs-medizinischen Gründen nicht versicherbar ist, wird ihm das Recht eingeräumt, eine Rentenversicherung nach den unter Ziffer 3.4 aufgeführten Bestimmungen zu beantragen.
Für die Klägerin wurde eine entsprechende Direktversicherung bei der S. G. Lebensversicherung-AG abgeschlossen.
Ab dem 01.08.1997 bezog die Klägerin eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von zuletzt vierteljährlich DM 587,--.
Mit Schreiben vom 25.01.2000 erhielt die Klägerin von ihrer ehemaligen Arbeitgeberin die Mitteilung, dass die Berufsunfähigkeitsrente nicht mehr gezahlt werde. In diesem Brief heißt es u.a.:
"...
Die Nachricht aus Düsseldorf, dass ich die Rentenzahlung stoppen muß, erreichte mich nach dem Lauf der Rentenberechnung für Januar 2000. Somit habe ich Ihnen bereits eine neue Rentenvorauszahlung für Februar zukommen lassen.
Bitte überweisen Sie den Betrag von DM 587,-- auf folgendes Konto:
Bremer Bank, BLZ: 29080010, Kto-Nr: 10....... mit dem Vermerk: Rückzahlung der Renten-Vorauszahlung für Febr.
Frau B. , Sie müssen sich auch jetzt entscheiden, was mit der Versicherung geschehen soll. Sie haben die Möglichkeit der Beitragsfreistellung oder der beitragspflichtigen Weiterführung mit eigenen Beiträgen. Bitte teilen Sie mir kurzfristig Ihre Entscheidung mit."
Zuvor hatte die Klägerin am 24.01. von der S. G. Lebensversicherung-AG ein Schreiben erhalten, in dem mitgeteilt worden war, dass die Leistungen eingestellt würden. Auf Blatt 20 und 21 der Akte wird verwiesen.
Mit der gegen ihre ehemalige Arbeitgeberin, die B. Allgemeine Versicherungs-AG, gerichteten Klage verlangt die Klägerin die Fortzahlung der Berufsunfähigkeitsrente von der ehemaligen Arbeitgeberin und die volle Befreiung von der Beitragspflicht für die Hauptversicherung und die eingeschlossenen Zusatzversicherungen.
Auf Antrag der Klägerin wurde das Passivrubrum durch Beschluss des Arbeitsgerichts vom 18. September 2000 dahingehend berichtigt, dass nunmehr die S. G. Lebensversicherung-AG, vertreten durch den Vorstand, dieser wiederum vertreten durch den Vorsitzenden D. S. M. , Am Wall , 28195 Bremen, Beklagte sei.
Das Arbeitsgericht hat nach Einholung eines ärztlichen Gutachtens durch Beschluss vom 28.02.2002 sich für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das sachlich zuständige Landgericht Bremen verwiesen.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und in der Sache begründet.
1. Nach § 261 Abs. 3 Ziffer 2 ZPO, der § 17 GVG entspricht, hat die Rechtshängigkeit einer Klage die Wirkung, dass die Zuständigkeit des Prozessgerichts durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt wird.
Diese Vorschriften sollen verhindern, dass bei jeder Veränderung eines die Zuständigkeit begründenden Umstands ein neues Gericht mit dem Rechtsstreit befasst wird. Dies soll die Kapazitäten der Justiz schonen und vor allem den Rechtsuchenden vor Verzögerungen und Verteuerungen des Prozesses bewahren (vgl. OLG Karlsruhe NJW 1960 S. 955; OLG Hamburg WM 1986 S. 383; Musielak-Foerste, ZPO, 3. Aufl., § 261 Rdnr 13). Diese "perpetuatio fori" führt dazu, dass alle Umstände tatsächlicher Art und alle Veränderungen der rechtlichen Regelungen die einmal begründete Zuständigkeit nicht verändern (vgl. Kissel GVG, 3. Aufl., § 17 Rdnr 9). Auch die Rechtsnachfolge auf der Beklagtenseite berührt eine einmal begründete Zuständigkeit nicht. Das Gleiche gilt für den Parteiwechsel (vgl. Münchener Kommentar zur ZPO-Lüke, 3. Aufl., § 261 Rdnr 88 i.Verb. mit § 263 Rdnr 94).
2. Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt Folgendes:
Die Klägerin hat zunächst ihre ehemalige Arbeitgeberin auf Zahlung verklagt. Für diese Klage waren die Arbeitsgerichte gemäß § 2 Abs. 1 Ziffer 3 a ArbGG bzw. § 2 Abs. 1 Ziffer 4 a ArbGG zweifelsohne zuständig.
Durch die Rubrumsberichtigung, die im Ergebnis einem Parteiwechsel gleich kommt, hat sich die einmal begründete Zuständigkeit nicht geändert. Das Arbeitsgericht bleibt aufgrund der ausdrücklichen Bestimmung in § 261 Abs. 3 Ziffer 2 ZPO zuständig.
Auch § 17 Abs. 1 und 2 GVG sprechen für diese Auslegung. Denn nach § 17 Abs. 1 GVG wird die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt und § 17 Abs. 2 GVG schreibt ausdrücklich vor, dass das Gericht des zulässigen Rechtsweges den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten entscheidet, d. h. auch unter den rechtlichen Gesichtspunkten, die - wenn die Klage sofort beim Landgericht eingereicht worden wäre - evtl. von diesem Gericht hätten entschieden werden müssen.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes NJW 2000 S. 2749 betrifft einen anderen Fall. Der BGH hat sich mit den unter II 1 aufgeworfenen Rechtsfragen nicht auseinandergesetzt, vermutlich weil er sie übersehen hat. Hinzukommt, dass der BGH offengelassen hat, welcher Rechtsweg vor der in der Entscheidung Bezug genommenen Gesetzesänderung gegeben gewesen wäre.
3. In der Kommentarliteratur wird darauf hingewiesen, dass die Vorschriften des § 261 Abs. 3 Ziffer 2 ZPO und § 17 GVG nicht dazu führen können, dass ein Rechtsweg erschlichen wird.
Die Kammer folgt dieser Auffassung. Von einem Erschleichen des Rechtsweges kann jedoch keine Rede sein. Die Klage gegen die ehemalige Arbeitgeberin könnte z. B. unter dem Gesichtspunkt eines Verschaffungsanspruches ebenfalls begründet sein. Letztlich braucht die Beschwerdekammer über diese materiellrechtlichen Rechtsfragen jedoch nicht zu befinden.
Nach allem war der Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen aufzuheben und festzustellen, dass der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten gegeben ist.
4. Veranlassung zur Zulassung der weiteren Beschwerde besteht nicht.
Gegen diese Entscheidung ist deshalb ein Rechtsmittel nicht gegeben.
Ende der Entscheidung
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